Als die Entscheidung gefallen war, dass es für uns nach Kroatien geht, war eines der wichtigsten Themen und wie sich später rausstellte auch eine der größten Herausforderung das Thema ‚Steuern‘. Zum einen ging es darum unsere Steuerabgaben zu optimieren, zum anderen mussten wir im ersten Stepp erst einmal abklären, wo, wie und in welchem Umfang wir überhaupt noch steuerpflichtig waren. Als Angestellter & Gesellschafter einer deutschen GmbH mit 100%tigem Wohnsitz in Kroatien gar nicht so einfach. 2021 hatten wir noch bis August in Deutschland gelebt und waren somit zu 100% dort steuerpflichtig. Doch wie ist das im Jahr 2022? Wo gehen welche Steuern hin? Wie ist das, wenn man als Angestellter einer deutschen Firma permanent in Kroatien lebt? Was passiert, wenn man noch Immobilien in Deutschland hält und was ist eigentlich mit dem Kindergeld? Es waren so viele Fragen und anfangs waren wir teilweise ratlos. Zumal ich auch das Gefühl hatte, dass egal welchen ‚Experten‘ ich befragte, ich immer nur Halbwissen überliefert bekam und eigentlich niemand so richtig eine klare Aussage treffen konnte bzw. wollte.
Anfang August wurde mit Herr Domić empfohlen – Ein echter Glückgriff! Herr Rechtsanwalt Dr. Zoran Domić, ist sowohl in Deutschland als auch in Kroatien bei der jeweiligen Rechtsanwaltskammer zugelassen. Er ist schwerpunktmäßig unteranderem im Bereich des Steuerrechts als Fachanwalt tätig. Ich weiß nicht wie viele Mails wir uns in den letzten Monaten geschrieben haben und wie viele Telefonate wir geführt haben – es waren auf jeden Fall eine Menge. Herr Domić hat uns in den letzten Monaten sehr geholfen und konnte uns, die für uns so wichtigen Fragen in Sachen Steuern ausnahmslos beantworten. Ich freue mich sehr, dass Herr Domić meinem Interview zugestimmt hat.
Vielleicht sagen Sie kurz etwas zu Ihrer Person….
Moin, Moin, vielen Dank für die Einladung zum Interview. Gerne stelle ich mich kurz vor. Mein Name ist Zoran Domić, ich bin in Hamburg geboren und Vater von zwei Söhnen. Ich habe bereits zu Beginn meiner beruflichen Laufbahn in einer internationalen Großkanzlei gearbeitet, die u.a. einen Croatian Desk unterhielt. Aufgrund meiner muttersprachlichen Kroatischkenntnisse wurde ich direkt bei den damaligen großen Privatisierungen von Unternehmen und unternehmensbezogenen Transaktionen in Kroatien involviert. Seitdem betreue ich regelmäßig Mandanten bei grenzüberschreitenden Sachverhalten in Bezug zu Kroatien und habe selber schon vor ca. 10 Jahren einen eigenen Croatian Desk in meiner Kanzlei gegründet.
Firma oder selbstständige Arbeit in Deutschland behalten (HomeOffice/Remote) – Komplette Ummeldung nach Kroatien überhaupt sinnvoll steuertechnisch?
Diese Frage - wie so viele in diesem Kontext - kann man leider nicht pauschal beantworten. Ich würde auch sagen, dass es neben den steuerlichen Fragen vor allem darum geht, wie lange man sich in Kroatien aufhalten möchte. Die Abmeldung des Wohnsitzes in Deutschland ist erst einmal nur ein Indiz dafür, dass man in Deutschland keinen Wohnsitz mehr hat. Bei der Frage der unbeschränkten Steuerpflicht in Deutschland geht es aber vor allem darum, dass man auch tatsächlich keinen Wohnsitz mehr in Deutschland hat. Ein Wohnsitz wäre zum Beispiel auch dann zu bejahen, wenn man bei Verwandten noch ein Zimmer hat, über das man die tatsächliche Verfügungsgewalt hat. Wenn man dieses Zimmer also wie seine eigene Wohnung nutzen darf, dann ist man in Deutschland weiterhin unbeschränkt steuerpflichtig, obwohl man sich „abgemeldet“ hat. An die unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland ist das sog. Welteinkommensprinzip geknüpft, d.h. man muss in Deutschland grundsätzlich sein komplettes Welteinkommen versteuern (auch das aus Kroatien), wenn es keine gesetzlichen Ausnahmen oder anderslautende Regelungen im anwendbaren Doppelbesteuerungsabkommen gibt.
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Was ist besonders als Familie steuertechnisch zu beachten, wenn man eine komplette Abmeldung in Deutschland in Betracht zieht?
Man sollte auch bedenken, dass mit dem vollständigen Wegzug andere Fragen im Zusammenhang mit der Familie und außerhalb des eigentlichen Steuerrechts zu klären sind. Eine weitere wichtige Frage lautet: In welchem Staat und in welchem Umfang bin ich zukünftig rentenversicherungspflichtig? Muss man bei Zuzug nach Kroatien Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung werden? Zwischen Kroatien und Deutschland besteht grundsätzlich ein Abkommen zur Klärung der Sozialversicherungspflicht. Man kann beispielsweise bei einer „Entsendung“ für einen gewissen Zeitraum weiterhin nur in Deutschland krankenversichert bleiben und auch nur in Deutschland verpflichtet sein, in die zuständige Rentenversicherungsanstalt einzuzahlen. In Kroatien wäre man von der Zahlung in die dortige Rentenversicherungsanstalt befreit. Eine solche Entsendung kann nicht nur ein Arbeitnehmer beantragen, sondern beispielsweise auch ein Selbständiger. Seit dem 1. Januar 2022 kann man dies digital beantragen.
Nicht unwichtig ist für die meisten Familien mit Kindern auch die Frage des deutschen Kindergeldes. So können Eltern beispielsweise weiterhin Anspruch auf den Bezug des deutschen Kindergeldes haben, obwohl die Kinder in Kroatien leben und dort zur Schule gehen. Dazu müsste jedoch zumindest ein Elternteil weiterhin in Deutschland seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt haben.
Unternehmen lieber in Deutschland belassen oder mit umziehen nach Kroatien?
Auch dies müsste man sehr anhand des Einzelfalls prüfen. Unternehmen können leider nicht so einfach in einen anderen Staat umziehen. Mittlerweile gibt es Möglichkeiten, Gesellschaften in einen anderen Staat zu überführen. Das kann über eine sog. formwechselnde Sitzverlegung passieren. Dieser Vorgang ist jedoch sehr aufwendig.
Außerdem ist es steuerlich auch nicht so einfach, da man bei einem „Umzug“ mit dem Unternehmen über die Grenzen von Deutschland leicht einen Veräußerungsvorgang und somit in Deutschland Steuern auslösen kann.
Auch sollte man bei einem vollständigen Wegzug vor allem bedenken, dass man beispielsweise als Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft (GmbH, AG) bislang bei einem Wegzug nach Kroatien keine Steuer zahlen musste. Die deutsche Steuerverwaltung hat einen solcher Wegzug grundsätzlich wie einen Verkauf der Anteile gewertet, jedoch die Steuer auf den Gewinn bis zum tatsächlichen Verkauf gestundet. Dies hat sich seit dem 1. Januar 2022 geändert. Nun wird die Steuer in solchen Wegzugsfällen sofort fällig und auf Antrag in sieben Jahresraten aufgeteilt. Man muss also Steuern zahlen, obwohl man ja tatsächlich nichts verkauft und auch natürlich nichts eingenommen hat. Dabei ist es der deutschen Finanzverwaltung mittlerweile egal, ob man ins EU- oder Drittlandausland auswandert.
Ab wann bin ich nicht mehr steuerpflichtig in Deutschland?
Im Grundsatz sind Sie als natürliche Person in Deutschland mit ihrem Welteinkommen unbeschränkt steuerpflichtig, wenn sie in Deutschland einen Wohnsitz oder einen gewöhnlichen Aufenthalt haben. Bei einer typischen Wohnung oder einem eigenen selbst genutzten Haus ist das einfach zu bestimmen. Aber wie ich schon eben erwähnt habe, kann auch ein Zimmer bei Verwandten oder in einem Hotel ein Wohnsitz im steuerlichen Sinne sein. Die Abgrenzung ist im Einzelfall zu bestimmen. Bei dem gewöhnlichen Aufenthalt gilt im Grundsatz die 183-Tage Regel. Aber auch hier kann es komplizierte Abgrenzungen geben. Im Ergebnis dürfen Sie in Deutschland also keinen Wohnsitz und keinen gewöhnlichen Aufenthalt haben.
Aber auch wenn sie nach einem Wegzug in Deutschland nicht mehr unbeschränkt steuerpflichtig wären, können sie noch beschränkt steuerpflichtig sein, wenn sie mit einer bestimmten Einkunftsart in Deutschland Einkünfte erzielen, ohne einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt zu haben, z.B. wenn sie ausgewandert sind, aber in Deutschland noch Einkünfte aus der Vermietung einer Immobilie beziehen. Dann wären Sie nur mit diesen Vermietungseinkünften in Deutschland beschränkt steuerpflichtig.
Im Falle einer Erbschaft können sie jedoch weiterhin in Deutschland unbeschränkt erbschaftsteuerpflichtig bleiben, wenn zum Beispiel ein ihnen vererbender Erblasser in Deutschland gelebt hat. Aber auch ihre Erben können zur deutschen Erbschaftsteuer herangezogen werden, wenn sie deutsche Staatsangehörige sind, da sie auch bei einem Wegzug für einen Zeitraum von fünf Jahren seit dem Wegzug unbeschränkt erbschaftsteuerpflichtig blieben. Auch unabhängig von der Staatsangehörigkeit sieht das deutsche Steuerrecht vor, dass bei einem Wegzug eine „erweitert beschränkte Steuerpflicht“ noch für einen Zeitraum von zehn Jahren nach dem Wegzug für bestimmte Vermögensgegenstände gelte.
Eine Kapitalgesellschaft ist dagegen in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig, wenn sie ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung in Deutschland hat. Wenn man jedoch beispielsweise Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft ist und auswandert, so sollte man bedenken, dass man damit wohlmöglich auch den Ort der Geschäftsleitung der Gesellschaft verlegt. Dies hätte jedoch auch zugleich Auswirkungen auf die unbeschränkte Steuerpflicht der Gesellschaft.
Ist das Land Kroatien für Unternehmer steuertechnisch interessanter als Deutschland?
Für die Erbschaftsteuer existiert kein DBA zwischen Deutschland und Kroatien, sodass hier das Risiko größer ist, dass es zu einer Doppelbesteuerung kommt. Darum sollte man sich rechtzeitig kümmern.