Nun befällt sie mich wieder. Diese besondere Stimmung zwischen den Jahren. Die Zeit scheint still zu stehen und richtet den Blick auf das, was war und das, was kommt.
Ich sitze irgendwo in the middle of nowhere. In den Bergen in Kroatien. Olli musste kurzfristig für ein paar Tage nach Deutschland fliegen und so bin ich dem Rat einer Freundin gefolgt, habe meine Kinder, Raclette- und Fonduegeräte und Unmengen von Schneeanzüge, Mützen und Handschuhen in unser Auto gestopft und bin mit den Kindern in die Berge gefahren. Drei Stunden mit dem Auto von Split entfernt liegt Schnee. Mitten im Wald stehen drei einsame Holzhütten. Hier gibt es Braunbären und Wildschweine. Sonst nichts. In den anderen beiden Hütten wohnen kroatische Familien. Kroaten sind gastfreundlich und so wurden wir in den letzten Tagen mehrfach eingeladen, gemeinsam zu kochen, zu lachen, zu basteln und zu singen. Jetzt aber habe ich mich in unsere Hütte zurückgezogen. Das Feuer prasselt im Kamin. Von draußen höre ich Kinderlachen. Lena, Til und Fee fahren mit den anderen Kindern Schlitten.
Ich habe mir eine Flasche Rotwein geöffnet, die mir gute Freunde bei unserem Abschied aus Deutschland für einen ganz besonderen Moment mitgegeben haben. Der Wein hat eine wunderschöne Farbe. Tiefdunkles rot. Schmeckt nach Brombeere. Das Glas in der Hand, schaue ich ins Feuer. Unfassbar. Wir haben es echt getan. Wir sind nach Kroatien ausgewandert!
Vor einem Jahr haben wir noch völlig ahnungslos Weihnachten und Silvester in unserem Haus in Timmendorf gefeiert. Weihnachten 2020. Deutschland im Lockdown. Wir waren stolz darauf, für die Kinder trotz des Lockdowns Weihnachten wie immer hinzukriegen: mit Oma und Opa, ihrem traditionellen Weihnachtsbaum in gold und rot, erst Fondue und dann für die Erwachsenen De Kuyper zum Nachtisch. Wir haben uns über unser neues Baumhaus gefreut und nicht im Ansatz geahnt, das 2021 das wohl aufregendste Jahr in unserem Leben werden würde.
Die Schulen und Kindergärten sollten nach Weihnachten noch viele Wochen geschlossen bleiben. Ich gebe offen zu, dass Olli und ich mit dem Lockdown nicht gut zurechtkamen. Unsere Aufgabenverteilungen und Strukturen funktionierten von heut auf morgen nicht mehr. Die Nerven lagen blank. Wir hatten das Gefühl, zum Spielball der Pläne anderer geworden zu sein. Das Gefühl, nur noch reagieren zu können. Keine Ahnung, wie viel unsere Geschichte mit Corona zu tun hat. Ob wir auch ausgewandert wären, wenn es Corona nicht gegeben hätte? Ich weiß es nicht. Wir merkten einfach nur, dass sich alles nicht mehr richtig für uns anfühlte. Wir wurden - wie alle anderen auch – mit voller Wucht mit der Frage konfrontiert: Was brauche ich, was brauchen wir für ein glückliches, erfülltes Leben? Wir spürten, dass sich was ändern muss, auch wenn wir die Antworten nicht hatten, nicht wussten, was wir ändern müssen, damit sich für uns wirklich etwas ändert.
Ende März / Anfang April kamen die ersten Lockerungen. Immer öfter hörte man an der Schule und im Kindergarten die Frage: „Fahrt ihr weg in den Maiferien?“ „Bucht ihr was für den Sommer?“ Ich habe Tourismus studiert und spürte sofort diese alte Unruhe in mir, wenn das Fernweh kommt. Aber gleichzeitig war mir klar: eine Reise war keine Lösung. Die Pandemie würde uns noch eine lange Zeit begleiten. Darauf mussten wir eine Antwort finden. Eine lange Reise vielleicht?
Es war Olli, der den Gedanken an eine lange Reise zu Ende dachte und zum ersten Mal von Auswandern sprach. Obwohl für ihn die Auswirkungen des Auswanderns beruflich viel komplexer sind als bei mir, die ich rein digital arbeite, war er sofort von der Idee überzeugt. Aber wohin? Mallorca geht immer. Frankreich und Spanien geht für die, die schon seit 20 Jahren dort immer ihre Sommerferien verbringen. Das hatten wir nicht. Und die USA waren uns zu weit weg.
Ich hatte damals meine Diplomarbeit über Kroatien geschrieben. Ich mochte das Land, seine Geschichte und seine Menschen. Aber mein Wissen war alt. 20 Jahre. Trotzdem schlug ich eines Abends Olli Kroatien vor. Er hatte noch nie kroatischen Boden betreten, aber er meinte, einen Versuch sei es wert.
Und so flog ich im Mai 2021 nach Split. Alleine. Vier Tage. Olli blieb mit unseren Kindern in Hamburg. Es gibt immer einen, der die Entscheidung mehr trifft als der andere. Bei Olli sind das alle Dinge rund um den Job. Bei mir sind es alle Dinge rund um die Familie. Ich wollte das Land ganz alleine auf mich wirken lassen. Fühlen, ob wir uns als Familie hier wohlfühlen würden.
Das Land hatte mich vom ersten Moment an im Griff. Am zweiten Abend rief ich Olli, beflügelt vom Rotwein, von der Terrasse des Hotels an. „Olli, wir machen das!“. Ich war voller Euphorie. Eine Euphorie, die mich, kaum war ich wieder zurück in Deutschland, sofort einholte.
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Es folgten drei Wochen mit dauerhaft starken Kopfschmerzen. „Keiner von uns kennt sich in Kroatien aus!“, hämmerte es in meinem Kopf. „Keiner kennt die Sprache, die Menschen. Der Rest der Familie war noch nicht mal in Kroatien!“ Mein Bauchgefühl wetterte die ganze Zeit dagegen: „Kroatien ist genau richtig für euch. Je schneller, je besser.“ Kopf und Bauch kämpften gegeneinander, während ich parallel alles über Kroatien und Auswandern nach Kroatien recherchierte. Hin und hergerissen war es schließlich Olli, der die alles entscheidende Frage stellte: „Franzi. Was wählst Du: Ängste oder Möglichkeiten?“ Ab dann war es klar. Wir fingen an mit den Kindern zu sprechen, mit Familie und Freunden. Im Juni nahmen wir den Flieger nach Kroatien und kauften ein Haus. Als wir zurück nach Deutschland flogen, war die Stimmung bei uns fünf ganz klar: „Wir fahren jetzt nach Hause und kommen in den Sommerferien zurück, um zu bleiben!“ Am 28. August 2021 ging unser one way Flug.
Vielleicht sitzt auch Ihr gerade bei einer guten Flasche Wein und spürt in Euch, dass es Zeit für Aufbruch ist. Ich nehme Euch in meinem Blog – immer samstags - mit auf unsere Reise. Die Höhen und Tiefen. Bürokratie und Schule, aber auch Freundschaft und Kochen. Ich will mein Wissen mit Euch teilen, damit Ihr für Euch herausfinden könnt, ob Auswandern auch Euer Weg ist. Und wer weiß: Vielleicht sitzt auch Ihr schon nächstes Jahr ganz woanders, schaut ins Feuer oder aufs Meer mit einem Glas in der Hand und denkt Euch: Unfassbar! Wir haben es echt getan! Wir sind ausgewandert!